Botschaft des UID-Vorsitzenden Köksal Kuş zum Tag Deutschen Einheit

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Das heutige, wiedervereinigte Deutschland war 45 Jahre durch ein totalitäres Regime geteilt, davon 28 Jahre durch einen brutalen DDR-Grenzschutz sowie eine tödliche Mauer, die nicht nur mindestens 140 Menschenleben kosteten, sondern auch Familien und Orte voneinander trennten.
Am 3. Oktober 1990 trat der Einigungsvertrag in Kraft, mit dem die frühere DDR der Bundesrepublik beitrat. Damit war die Teilung Deutschlands überwunden.


Der Tag der Deutschen Einheit macht uns immer wieder klar, wie viel wir, die Bürger dieses Landes, gemeinsam erreichen können. Viele von uns haben die Zeit damals bewusst miterlebt und können sich noch genau daran erinnern, wie sich heute vor 33 Jahren unser Leben verändert hat.
Die politische Losung „Wir sind das Volk“ war ein Leitsatz, der anfänglich während der Montagsdemonstrationen 1989/1990 in der DDR als Sprechchor gerufen wurde, um gegen die DDR-Regierung zu protestieren. Danach wurde die Parole in der Wendephase schnell von dem Statement „Wir sind ein Volk“ abgelöst. Allerdings existiert der Grundsatz „Wir sind das Volk“ schon seit hunderten von Jahren in Deutschland, er wurde mehrfach anlässlich politischer Umbruchsituationen von Deutschen verwendet. So auch in der Nacht vom 2. Oktober zum 3. Oktober 1989, als oppositionelle Bürger in der DDR in freier Selbstbestimmung und ungewohnt selbstbewusst die friedliche Einheit und Wiedervereinigung Deutschlands vollendeten. Aus diesem Selbstbewusstsein heraus wuchs vor 34 Jahren etwas, worauf wir heute mit Dankbarkeit blicken können: ein freies, vereintes, demokratisches Deutschland. Und diese Freiheit brach nicht einfach über uns herein, diese Freiheit wurde erkämpft.


Wir haben es zunächst den Demonstrierenden und Bürgerrechtlern in der DDR zu verdanken, dass wir heute in einem gesamtdeutschen Staat leben. Sie haben für ihre Rechte, für ihre Freiheit, für eine andere, freie, demokratische Gesellschaft ihr Leben aufs Spiel gesetzt, Mut bewiesen und sind damit ein großes, persönliches Risiko eingegangen. Aber auch in Polen, in der damaligen Tschechoslowakei, Rumänien und den anderen Staaten Mittel- und Osteuropas sowie dem Baltikum gab es diese mutigen Menschen, die sich nicht mehr durch den totalitären Kommunismus unterdrücken lassen wollten. Damit war die deutsche und europäische Teilung Geschichte und nicht nur Deutschland, sondern auch Europa konnte sich zu dem entwickeln, was es heute ist. Nicht zu vergessen sind natürlich auch die Unterstützung und der Anteil unserer transatlantischen und westlichen Verbündeten sowie Nachbarstaaten an der deutschen Wiedervereinigung. Ohne das von ihnen entgegengebrachte Vertrauen hätte es die deutsche Einheit in dieser Form nicht gegeben. Deshalb feiern wir heute nicht nur die deutsche, sondern auch die europäische Einheit. Die staatlichen Einheit Deutschlands war somit nicht nur ein Stützpfeiler, sondern auch ein Beförderer und Beschleuniger für das Zusammenwachsen Europas in einer Union west-, mittel- und osteuropäischer Staaten.


Seit der Wiedervereinigung haben wir in Deutschland viele Herausforderungen zum Teil bewältigt: Die Neugestaltung Ostdeutschlands und das deutsch-deutsche Zusammenwachsen; rassistische Pogrome in Hoyerswerda, Rostock-Lichtenhagen, Mölln und Solingen;  die Wirtschafts- und Finanzkrise Ende der 1990er Jahre und Ende des ersten Jahrzehnts des neuen Jahrtausends; die Integration der Balkan-Flüchtlinge im Zuge der Kriege Mitte der 90er Jahre; den 11. September 2001 und seine Folgen wie den Terrorismus; die Nuklearkatastrophe von Fukushima und die damit ins Bewusstsein gerückte Klimaproblematik und die Auswirkungen des Klimawandels; die immer noch nicht vollständig aufgeklärten, rassistischen NSU-Morde; die Aufnahme vieler Geflüchteter seit 2015; die Corona-Pandemie und seit 2022 den Krieg in der Ukraine sowie seine Folgen.
Heute sind die Sorgen und Unsicherheiten wieder besonders groß bei den Menschen in Deutschland. Der Ukraine-Krieg bedroht nicht nur die Ukraine selbst, sondern die Sicherheit in ganz Europa. Viel mehr noch: Es geht um den Frieden und die Sicherheit in der gesamten Welt. Es geht um unsere Wirtschaft und unsere Energieversorgung. Kurz: Es geht um eine Neuordnung der Welt. Um es mit den Worten von Bundeskanzler Olaf Scholz zu sagen: Die Menschen spüren die Zeitenwende. Das Gebot der Stunde sei Verzicht. So wird es den Menschen gesagt. Ein Großteil fragt sich allerdings, wie es weitergeht in Deutschland, in Europa und der Welt. Die Inflation und steigende Kosten für Miete, Energie oder Lebensmittel führen zu immer größeren Belastungen. Auch viele Unternehmen sorgen sich um ihre Existenz. Insolvenzen gehören zum Alltag. Die Armut, der Hunger und das Elend nehmen auch in Deutschland zu. Hunger und Armut lösen Kriege als Hauptursachen für Fluchtbewegungen und Migration ab. Nun ist wieder neben Energie (Öl) Getreide für viele Menschen kaum noch zu bezahlen. Ein neues Getreideabkommen durch die Vermittlung der Türkei ist für Millionen Menschen die einzige, verbliebene Hoffnung. Auch die Natur zeigt uns, wenn wir denn die Zeichen richtig deuten wollen, dass wir in Sachen Klima und Umwelt über unsere Verhältnisse gelebt und gehandelt haben: Flutkatastrophen, Hitzewellen, Waldbrände und Dürren sind nur einige Naturphänomene, womit sich die Natur an uns rächt.

 
Unser wiedervereinigtes Land steht fast 34 Jahre nach dem Fall der Mauer vor vielen neuen Herausforderungen. Diese Herausforderungen können wir nur gemeinsam als Einheit überwinden. Wir sind davon überzeugt, dass wir das schaffen werden. Und zwar gemeinsam. Und natürlich: als Einheit. Denn wir sind als türkischstämmige Bürger dieses Landes ebenso ein Teil Deutschlands und Teil dieser Einheit.



Köksal Kuş
Vorsitzender der Union Internationaler Demokraten (UID)

Last modified on Samstag, 30 September 2023 21:43
Aytürk

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