CAR-T-Zelltherapie am Klinikum Nürnberg

Chefarzt Prof. Dr. Stefan Knop und die Leitende Oberärztin Dr. Kerstin Schäfer-Eckart bieten Krebspatient*innen im Klinikum Nürnberg seit Kurzem eine neuartige Zelltherapie an. Foto: Giulia Iannicelli / Klinikum Nürnberg Chefarzt Prof. Dr. Stefan Knop und die Leitende Oberärztin Dr. Kerstin Schäfer-Eckart bieten Krebspatient*innen im Klinikum Nürnberg seit Kurzem eine neuartige Zelltherapie an. Foto: Giulia Iannicelli / Klinikum Nürnberg

Neue Behandlung von Blutkrebs: „Sensor“ kann Tumorzellen erkennen und vernichten

 

CAR-T-Zelltherapie: Hinter dieser für Laien etwas kryptischen Bezeichnung steht eine noch ziemliche junge Form der Krebsbehandlung, die seit Kurzem am Klinikum Nürnberg angeboten wird. Dabei werden körpereigene Zellen von Menschen mit bestimmten Formen von Blutkrebserkrankungen gentech- nisch mit einer Art Sensor versehen, der Tumorzellen erkennen und vernich- ten kann.

Prof. Dr. Stefan Knop, Chefarzt der Klinik für Innere Medizin 5 (Schwerpunkt Hä- matologie und Medizinische Onkologie) am Klinikum Nürnberg, und die Lei- tende Oberärztin Dr. Kerstin Schäfer-Eckart sind froh, dass sie nach langer Vor- bereitungszeit mit vielen bürokratischen Hürden kürzlich die erste Patientin mit der CAR-T-Zelltherapie behandeln konnten. Die Studentin war vor zwei Jahren an akuter lymphatischer Leukämie erkrankt. Selbst eine Blutstammzelltrans- plantation konnte der jungen Frau nicht dauerhaft helfen – bereits einige Mo- nate später waren die Leukämiezellen zurück. Damit entsprach die 23-Jährige genau der „Zielgruppe“ von Patient*innen, die von der CAR-T-Zelltherapie pro- fitieren können.

 

T-Zellen werden zu „Krebsjägern“

T-Zellen, eine spezielle Gruppe der weißen Blutkörperchen, hat jeder Mensch im Blut. Sie sind für die Immunabwehr zuständig, finden kranke oder defekte Zellen und zerstören sie. Doch Krebszellen können sich für das Immunsystem unsichtbar machen. Die neue Therapieform verwandelt nun körpereigene T-Zel- len in erfolgreiche „Krebsjäger“.

Konkret läuft die Behandlung so ab: „Bei einer Art Blutwäsche werden Lympho- zyten aus dem Blut der Patient*innen herausgefiltert und tiefgefroren an spezi- alisierte Labors pharmazeutischer Unternehmen weitergegeben“, erklärt Ober-ärztin Dr. Kerstin Schäfer-Eckart. Dort werden sie durch gentechnische Verän- derungen mit neuen Rezeptoren (sogenannten chimären Antigen-Rezeptoren, daher CAR) ausgestattet, die die „getarnten“ Krebszellen erkennen können.

Über eine Infusion bekommen die Patient*innen einige Wochen später ihre auf- bereiteten Lymphozyten wieder zurück. „Diese neuen Abwehrzellen verfügen dann über ein Ankermolekül, das im Körper zielgerichtet an den Tumorzellenandockt und sie vernichtet“, erläutert Prof. Stefan Knop das Prinzip. Es umfasst also Eigenschaften einer Gen- und einer Immuntherapie. Diese T-Zellen bleiben dann als eine Art lebendes Arzneimittel im Körper.

Eingesetzt wird die Therapie bislang bei bestimmen Formen von Leukämie, bei Lymphknotenkrebs und multiplen Myelomen – und auch nur bei Betroffenen, bei denen andere Behandlungen wie etwa Chemotherapie oder Blutstammzell-transplantationen nicht angeschlagen haben. „Solchen Hochrisikopatienten, für die es noch vor ein paar Jahren keine weiteren Möglichkeiten gegeben hat, kön- nen wir nun dieses komplett neue Verfahren anbieten“, meint Schäfer-Eckart. Für die behandelnden Ärztinnen und Ärzte bedeutet es eine große Herausfor- derung, die weit fortgeschrittenen Erkrankungen so lange in Schach zu halten, bis die zeitaufwändige Aufbereitung der Lymphozyten abgeschlossen ist.

 

Die Überlebensrate steigt deutlich

Vor der Rückübertragung steht noch eine leichte Chemotherapie an, um das Ab- wehrsystem so zu unterdrücken, dass die „neuen“ T-Zellen bestmögliche Start- bedingungen vorfinden. Nach der Infusion müssen die Patient*innen etwa vier- zehn Tage in der Klinik bleiben, denn die Therapie kann heftige Nebenwirkungen auslösen. In wenigen Fällen reagiert das Immunsystem so stark, dass eine Ent- zündung des gesamten Körpers, ein sogenannter Zytokinsturm, mit hohem Fie- ber und Kreislaufreaktion entsteht. „Deshalb ist es unabdingbar, dass wir rund um die Uhr Zugriff auf alles haben, was die Akut- und Notfallmedizin zu bieten hat. Aber die nötige enge Zusammenarbeit mit allen beteiligten medizinischen und pflegerischen Disziplinen wird hier am Klinikum bereits vorbildlich gelebt“, meint Knop, der im November 2021 vom Universitätsklinikum Würzburg nach Nürnberg wechselte.

Die noch relativ junge Therapieform sichert etwa 40 Prozent der Patient*innen ein Überleben. „Das ist sehr viel für eine Erkrankung, für die man vorher gar keine Optionen mehr hatte“, gibt Schäfer-Eckart zu bedenken. Die Kosten – sie liegen im sechsstelligen Bereich – werden von den Krankenkassen übernom- men. Allerdings muss dazu vorher ein Antrag gestellt werden. Für die nächsten beiden „CAR-T-Zell-Kandidaten“ – ein junger Mann und eine Frau mittleren Al- ters – wurde die Therapie ohne Probleme genehmigt.

Bei anderen Krebsarten wie zum Beispiel Brust - oder Darmkrebs kann die The- rapie (noch) nicht eingesetzt werden. Solche Tumoren weisen auf ihrer Oberflä- che viele Ähnlichkeiten mit gesundem Gewebe auf. Die für solche Krebsarten programmierten T-Zellen würden dann nicht allein den Tumor angreifen. Wis- senschaftler suchen aber bereits nach Möglichkeiten, wie gesundes Gewebe verschont bleibt. „Die jetzt eingesetzten CAR-T-Zellen dagegen sind nur im im- mun-und blutbildenden System unterwegs, ihre Ankermoleküle sind gezielt auf die charakteristischen Oberflächeneigenschaften von Blutkrebszellen program- miert“, verdeutlicht Knop, der in seiner Zeit in Würzburg an der ersten Zulas- sungsstudie für die neue Therapie beteiligt war.

Die erste CAR-T-Zell-Patientin am Klinikum hat die Prozedur relativ gut über- standen, sie bekam nur leichtes Fieber. Aktuell kommt die Studentin jetzt ein- mal in der Woche zur Kontrolle in die Ambulanz. Sie ist voller Pläne: Als begeis- terte Fußballspielerin hofft sie, dass sie bald wieder ins Training kann. Wenn sie es etwas langsamer angehen lässt, so Oberärztin Kerstin Schäfer-Eckart, spricht bislang da nichts dagegen.

 

Bild 2: Die T-Zellen werden bei minus 160 Grad gelagert – so lange, bis sie im Rahmen der Therapie eingesetzt werden. Im Bild: Die Leitende MTA des Stamm- zellenlabors Manuela Stüwe (l.) mit der Leitenden Oberärztin Dr. Kerstin Schä- fer-Eckart.

Fotos: Giulia Iannicelli / Klinikum Nürnberg

 

 

Das Klinikum Nürnberg ist eines der größten kommunalen Krankenhäuser in Deutschland und bietet das gesamte Leistungsspektrum der Maximalversorgung an. Mit 2.233 Betten an zwei Standorten (Klinikum Nord und Klinikum Süd) und 8.400 Beschäftigten versorgt es knapp 100.000 stationäre und 170.000 am- bulante Patienten im Jahr. Zum Klinikverbund gehören zwei weitere Krankenhäuser im Landkreis Nürn- berger Land.

Die Paracelsus Medizinische Privatuniversität in Nürnberg wurde 2014 gegründet und ist zweiter Standort der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität in Salzburg. In Nürnberg werden jährlich 50 Me- dizinstudierende ausgebildet. Das Curriculum orientiert sich eng an der Ausbildung der amerikanischen Mayo-Medical School. Die Paracelsus Medizinische Privatuniversität kooperiert zudem mit weiteren wis- senschaftlichen Einrichtungen im In- und Ausland.

 
Last modified on Dienstag, 21 Februar 2023 15:55
Aytürk

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