Ein Zwilling für Planer und Entdecker

Der Blick auf die virtualisierte Stadt von der alten Mainbrücke aus. Bild: Stadt Würzburg Der Blick auf die virtualisierte Stadt von der alten Mainbrücke aus. Bild: Stadt Würzburg

Manchmal freuen sich Planer, wenn sie in die Zukunft blicken und
Auswirkungen ihrer Projekte bereits bei der Planung sehen können.
Würzburg schafft jetzt zumindest für das Stadtgebiet selbst die
Möglichkeit dazu. Mit dem digitalen Zwilling der Stadt lassen sich
ganze Straßenzüge erbauen, aber auch neue Gebäude oder Straßenplanungen
simulieren.

Ein Beispiel: Üppige Grünstreifen mit großen Laubbäumen zieren die
beide Seitenstreifen der Nürnberger Straße. Die Grünstreifen trennen das
graue Band der Straße von den grün gesäumten großzügigen Fahrradwegen.
Die früher wenig einladende Pendlerstraße ist zu einer Verkehrsstraße
geworden, auf der alle Verkehrsteilnehmer bedacht werden.

Aus dieser Planung ist inzwischen Wirklichkeit geworden. Allerdings
entstanden die ersten Skizzen dazu auf dem Reißbrett der Würzburger
Straßenplaner im Fachbereich Tiefbau – und heutzutage vor allem im
Computer. Denn für die Kommunikation der Sanierung der Nürnberger Straße
in den vergangenen Jahren wurde erstmals ein digitaler Zwilling der
Stadt Würzburg herangezogen.

Ein digitaler Zwilling ist quasi ein digitaler dreidimensionaler
Nachbau der Stadt mit allen Gebäuden, Brücken, Parkanlagen,
Fußgängerzonen – aber auch Parkbänken und anderen Kleinigkeiten.
Planungen wie neue Gebäude oder ganze Straßengestaltungen können wie
Bausteine in die 3D-Simulation eingefügt und ihre Wirkung begutachtet
werden.

Bislang existiert dieser digitale Zwilling Würzburgs erst in
Teilstücken, wie Annett Heusinger aus der Abteilung Geodaten und
Vermessung erklärt. „Ziel ist es, nach und nach die gesamte Stadt als
virtuelle Stadt darzustellen“, so Heusinger. Davon profitieren die
städtischen Planer, aber auch die Architekten und Investoren, die
sich ein Bild ihrer Projekte in virtueller Realität anschauen können,
noch bevor überhaupt ein Grundstein gelegt wurde.

Vorteile bietet diese 3D-Visualisierung aber auch für die Würzburger
Bürgerinnen und Bürger, die die verschiedenen Gassen und Gässchen
erkunden wollen, oder ehemalige Würzburgerinnen und Würzburger, die ihre
Erinnerungen bei einem Spaziergang durch die virtuelle Heimatstadt
aufleben lassen wollen. Oder aber auch für Touristen, die vor einem
Besuch in Würzburg die Stadt erkunden wollen.

Neben der Nürnberger Straße, die nur zu Testzwecken während der
Bauarbeiten in der realen Straße simuliert wurde, wurde bisher die
Eichhornstraße mit Bäumen, Mülleimern, Passanten und Zugvögeln digital
modelliert. Dieser im Rahmen des Förderprojekts „Stadtlabore“ im
Auftrag des Fachbereichs Wirtschaft, Wissenschaft und Standortmarketing
erstellte Teil des digitalen Zwillings wurde für jedermann zugänglich
ins Bürger-GIS, wie sich der von der Stadt Würzburg entwickelte
interaktive Stadtplan nennt, auf der Homepage der Stadt Würzburg
eingestellt. So kann man jetzt schon zwischen Marktplatz und
Kardinal-Faulhaber-Platz hin- und herflanieren, auch wenn das virtuelle
Spaziervergnügen bislang kurz ist. Denn zu beiden Seiten der
Eichhornstraße endet das Modell derzeit noch in Grau. Hier sollen dann
bald die nächsten Teile der Stadt mit Marktplatz, Rathaus oder Alter
Mainbrücke anschließen.

Begonnen hat das Projekt des digitalen Zwillings in einer Kooperation
der Stadt mit der Hochschule für angewandte Wissenschaft und wurde
während der Corona-Zeit weiterentwickelt. „Das Know-How ist bei uns
vorhanden und wir haben die nötigen Daten, da haben wir gesagt –
versuchen wir’s“, so Heusinger mit einem Augenzwinkern. Als erste
Grundlagen griff Heusingers Abteilung auf die bereits existierenden
Luftbilder der Stadt zurück wie auch auf Bilder eigener Befliegungen mit
einer Drohne. Und natürlich auf die von der Abteilung erarbeitete
Geodateninfrastruktur mit zahlreichen Digitalisierungen von vorhandenen
Gebäudedaten. Auch Daten der anderen städtischen Abteilungen, wie
Stadtplanung oder das Baumkataster des Umweltamtes werden für die
Erstellung des Digitalen Zwillings herangezogen. Dabei ist es nicht
einmal so wichtig, dass die Daten tagesaktuell sind. Denn die Stadt an
sich verändert ihr Gesicht wenig, weiß Heusinger.

Aus den ersten technischen Versuchen ist inzwischen ein ausgereifter
automatisierter Prozess geworden. So lassen die Mitarbeiterinnen und
Mitarbeiter des Fachbereichs Tiefbau auf ihren Dienstfahrten durch die
Stadt ihre Smartphones die Würzburger Straßen fotografieren. Zurück im
Büro werden die Bilder dann vom Computer ausgelesen und automatisch
auf die bereits vorgefertigte 3D-Struktur der Umgebung virtuell
„aufgeklebt“ und angepasst. Auch mit Schrägbefliegung der Stadt will
man weitere Bereiche erfassen. Dabei werden Luftaufnahmen von Würzburg
aus einem schrägen Winkel gemacht, so dass man die Gebäudestruktur der
Häuser daraus errechnen kann.

So entsteht derzeit Stück für Stück ein digitales Abbild der Stadt
Würzburg, das zum einen für verwaltungsinterne Planungs- und
Simulationszwecke genutzt werden kann, sowie für Bürgerinnen und Bürgern
wie auch Touristinnen und Touristen, um die Stadt einfach mal zu
erkunden und die schönsten Orte bereits zu testen, bevor man sie
vielleicht in Wirklichkeit besucht.

Und für die Straßenmeister der Stadt Würzburg hat diese Dokumentation
einen zusätzlichen Vorteil. Denn mit Hilfe der Bilder lässt sich auch
der Zustand der Straße kontrollieren: Im Anschluss an jede Fototour kann
man am Bürorechner auslesen, wo sich gefährliche Schlaglöcher auf
Würzburgs Straßen befinden. Reparaturteams können damit frühzeitig
und noch gezielter eingesetzt werden.

Info: Der digitale Zwilling der Eichhornstraße kann auf der Homepage
der Stadt Würzburg unter der Adresse https://geostadtplan.wuerzburg.de
im Bereich Stadtmarketing & Wirtschaft getestet werden.

 

 

Der Blick auf die Festung von der alten Mainbrücke aus. Bild: Stadt Würzburg

 

 

 

Aytürk

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