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Bei den Mishmi-Takinen (Budorcas taxicolor taxicolor) im Tiergarten der Stadt Nürnberg gibt es Nachwuchs: Am 4. Dezember 2022 wurde ein Weibchen geboren. Das Jungtier hat am heutigen Mittwoch, 21. Dezember, gemeinsam mit seiner Mutter zum ersten Mal die Außenanlage erkundet. Bei den Mishmi-Takinen im Tiergarten gab es zuletzt 2018 Nachwuchs. Für die Tiere wird aktuell auch eine neue Anlage gebaut. Sie soll den Lebensraum der Himalaya-Bewohner besser nachbilden.
Vater des neugeborenen Weibchens ist Hugo, der im Februar 2022 im Rahmen des Europäischen Zuchtprogramms EEP (EAZA ex situ- Programm) aus dem tschechischen Zoo Brno nach Nürnberg gekommen ist. „Bei Neuzugängen müssen wir natürlich immer behutsam vorgehen und erstmal beobachten, ob die Tiere miteinander harmonieren. Hugo hat sich schnell im Tiergarten eingelebt und sich von Beginn an gut mit den Weibchen verstanden“, sagt Alexandra Hoffmann, Tierpflegerin und stellvertretende Revierleiterin. „Dass wir uns noch in diesem Jahr überNachwuchs freuen können, ist ein großer Erfolg. So können wir die Zucht der Takine im Tiergarten nach vier Jahren wieder fortsetzen.“
Takin-Zucht im Tiergarten seit 1999
Im Tiergarten Nürnberg sind seit dem Jahr 1999 insgesamt 35 Jungtiere dieser selten gezeigten Tierart aus dem Himalaya herangewachsen. Ursprünglich ging der Bestand in Europa und den USA auf zwei Tiere zurück, die der Tierpark Berlin 1974 aus dem Zoo Rangun in Myanmar übernommen hat. Der Tiergarten gehörte zu den ersten Zoos, die den begehrten Nachwuchs aus Berlin erhalten haben. 1996 kamen ein Männchen und zwei Weibchen nach Nürnberg, 1999 begann die Zucht.
Die Zucht der Mishmi-Takine wird im Europäischen Zuchtprogramm EEP koordiniert, an dem sich auch der Tiergarten beteiligt. In diesen Programmen züchten Zoos koordiniert Tierarten, um stabile Populationen außerhalb ihres natürlichen Lebensraums aufrechtzuerhalten. So soll auch das Aussterben von stark gefährdeten Arten verhindert werden.
„Bei den Takinen konnte aus wenigen Gründertieren innerhalb von nicht mal 50 Jahren ein Bestand von mehr als 120 Tieren aufgebaut werden. Dieser Erfolg zeigt, welches Potential Zoos beim Aufbau von Populationen haben und welch wichtigen Beitrag sie zum Erhalt von gefährdeten Tierarten leisten“, sagt Diana Koch, Kuratorin im Tiergarten Nürnberg. Aktuell hält der Tiergarten vier Takine: das Männchen Hugo, die Weibchen Loki und Lotte sowie das Neugeborene, das – orientiert am Anfangsbuchstaben der Mutter – den Namen Lagertha bekommen hat.
Hervorragend an das Leben im Himalaya-Gebirge angepasst
Hinsichtlich seines Erscheinungsbilds vereint der Takin Merkmale verschiedener Huftierarten. Seine Hörner erinnern an ein Gnu, der Schwanz ist kurz wie bei Ziege oder Schaf und die Weibchen haben vier Zitzen wie ein Rind. Aus diesem Grund werden Takine auch „Gnuziegen“ oder „Rindergämse“ genannt. Mishmi-Takine leben in entlegenen Regionen des Himalaya-Gebirges auf bis zu 4 500 Metern Höhe. Dabei sind sie hervorragend an ihren Lebensraum angepasst: Ihr dichtes, zottiges Fell ist mit einem öligen Hautfett getränkt und schützt vor dem feuchtkalten Klima des Hochgebirges. Mit ihren stämmigen Beinen und den breiten Hufen sind sie außerdem sehr trittsicher. DieWeltnaturschutzunion (IUCN) stuft die Art derzeit als „gefährdet“ ein, die Bestände nehmen weiter ab. Hauptursachen für den Rückgang sind Wilderei sowie die zunehmende Abholzung und die damit einhergehende Zerstörung des Lebensraums.
Neue Anlage bildet den Lebensraum der Takine nach
Die Takine sind im Tiergarten derzeit auf der Anlage oberhalb des Delfinariums zu sehen. Direkt darunter wird gerade ihre neue Anlage fertiggestellt, die dann aus zwei Teilen bestehen wird: dem oberen Gehege, in dem sie aktuell leben, und dem unteren Bereich, in dem ehemals die Guanakos zu sehen waren. Beide Bereiche werden miteinander verbunden, sodass den Tieren insgesamt eine Fläche von knapp 4 500 Quadratmetern zur Verfügung stehen wird. Beim Bau und bei der Gestaltung der neuen Anlage arbeiten Tiergarten-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter aus den Abteilungen Landschaftsgestaltung, Technik und Tierpflege sowie Biologinnen und Biologen eng zusammen. Die Kosten für die neue Anlage der Takine betragen rund 700 000 Euro und werden vollständig vom Verein der Tiergartenfreunde Nürnberg e.V. getragen.
„Mit dem Umbau und der Erweiterung der Anlage möchten wir den Lebensraum der Takine besser nachbilden. Dazu gehören eine üppige Bepflanzung und eine höhere Strukturvielfalt“, sagt Diana Koch. So wurden mit Buntsandsteinen felsige Bereiche geschaffen und mit zahlreichen Rhododendren, Azaleen und Lärchen die nasskalten, bewaldeten Hochgebirgszonen Zentralasiens nachgebildet. Auch ein Wassergraben, ein Bachlauf und mehrere Sandflächen sind Teil der neuen Anlage.
Zentraler Bestandteil des Projekts ist auch ein neuer Stall aus unbehandeltem Massivholz. Der rund 100 Quadratmeter große Stall besteht unter anderem aus mehreren Absperr- und Aufenthaltsboxen sowie einem überdachten Unterstand. Durch seine räumliche Aufteilung erleichtert er auch die Arbeit für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Tiermedizin und der Tierpflege.
Der Tiergarten nimmt beim Umbau der Anlage auch das Besuchererlebnis in den Blick. Über kleine Plattformen und Nebenpfade sollen Tiergarten- Gäste künftig näher herankommen und dank kaum wahrnehmbarer Zäune einen ungestörten Blick auf die Tiere genießen.
Tierische Wohngemeinschaft mit Blauschafen
Die neue Anlage werden sich die Takine künftig mit Blauschafen teilen. Die Art ist entfernt mit Schafen und Ziegen verwandt und kommt ebenfalls im Himalaya-Gebirge vor. Die Vergesellschaftung der beiden Arten sorgt für Abwechslung und bereichert den Alltag der Tiere, die miteinander spielen, rangeln und interagieren. Außerdem bieten tierische Wohngemeinschaften ein spannendes Bild für Besucherinnen und Besucher. Die WG aus Takinen und Blauschafen hat sich bereits in anderen Zoos bewährt.
Teil des neuen Asien-Schwerpunkts
Die Anlage ist Teil des neuen Asien-Schwerpunkts und gehört zum Bauprojekt der sogenannten Mittelspange. In diesem mittig gelegenen Teil des Tiergartens werden in den nächsten Jahren die bestehenden Gehege neugestaltet und teilweise miteinander verbunden. Künftig werden dort überwiegend bedrohte asiatische Tierarten leben, die in unterschiedlichen Konstellationen gehalten und teilweise miteinander vergesellschaftet werden. Der Umbau basiert auf dem Zusammenspiel von Tieren und Pflanzen. Dabei werden verschiedene Lebensraumtypen Asiens präsentiert. Auch bei der Bepflanzung kommen überwiegend asiatische Arten zum Einsatz.
Bei dem Projekt hat der Tiergarten in einem ersten Schritt die Anlage der Rentiere umgestaltet und dort im Sommer 2022 zwei Wasserbüffel angesiedelt. Mit der neuen Takin-Anlage wird 2023 das zweite Gehege des Asien-Bereichs fertiggestellt.
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