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Klinikum Main-Spessart
05.01.2022 | Lohr a.Main
Winfried Grell wurde im Sommer aufgrund eines akuten Schlaganfalls auf der dafür spezialisierten Stroke Unit am Klinikum Main-Spessart behandelt. Heute geht es dem 65-Jährigen wieder gut. In einem emotionalen Video blicken die Protagonisten nun auf Grells Tage im Klinikum zurück.
Der 24. Juli 2021 war für Familie Grell ein Schock. Beim Schneiden seiner Hecke wurde es Winfried Grell schwindlig, er spürte noch wie ihn die Kraft in seinen Beinen verließ, dann überschlug er sich und stürzte den Hang hinab. „Was ich in diesem Moment gedacht habe? Jetzt ist es vorbei“, erzählt der Neustädter rückblickend ganz offen. Ab dem Zeitraum kurz nach dem Sturz bis zum Erwachen im Krankenhaus in Lohr erinnert er sich nur noch bruchstückhaft.
Dabei lief in Grells Fall Vieles richtig. Er wurde von seiner Tochter aufgefunden, die umgehend den Rettungsdienst alarmierte. Schnell war die Diagnose Schlaganfall gestellt und die Notaufnahme am Klinikum Main-Spessart in Lohr vorinformiert. Von da an begann für alle Beteiligten auch ein Wettlauf gegen die Zeit.
„Time is brain“ – Klinikum Main-Spessart erreicht Bestzeiten
„Time is brain“, dieser inzwischen berühmte Satz fasst plakativ zusammen, worauf es bei der Versorgung eines Schlaganfalls ankommt: „Der Faktor Zeit und gutes Teamwork sind die wichtigsten Aspekte bei der Versorgung von Schlaganfallpatienten“, sagt PD Dr. med. Peter Kraft, der Chefarzt der Neurologie am Klinikum Main-Spessart. Etwa 600 Patientinnen und Patienten mit Schlaganfall behandeln er und sein Team pro Jahr. „Studien haben gezeigt, dass bei einem noch unbehandelten Schlaganfall pro Minute etwa 1,9 Millionen Gehirnzellen irreversibel zugrunde gehen.“
Nach Einsetzen der Schlaganfallsymptome bleibt somit nur wenig Zeit, in der Kraft und sein Team die sogenannte Lysetherapie einleiten können, um das Blutgerinnsel in den Hirnarterien aufzulösen. Neben dem schnellen Notruf kommt es deshalb vor allem auch auf effiziente Abläufe im Krankenhaus an. „Idealerweise vergeht zwischen dem Eintreffen des Patienten bei uns und dem Verabreichen der Lyse maximal eine halbe Stunde. Dazwischen müssen die klinische Untersuchung, die Schnittbildgebung und Blutentnahme durchgeführt und ausgewertet werden“, so Kraft. Die Experten sprechen in diesem Zusammenhang von der sogenannten „Door-to-Needle-Zeit“. Am Klinikum Main-Spessart lag sie im Median im Kalenderjahr 2020 bei 29 Minuten – ein Wert, mit dem der Eigenbetrieb des Landkreises deutlich unter dem bayernweiten Median von 38 Minuten liegt. „Unsere Zeit ist wirklich sehr gut, vor allem wenn man bedenkt, dass in die Erhebung auch die Daten deutlich größerer Häuser einfließen. Das führt klar vor Augen, wie konkurrenzfähig wir sind.“
Rundum-Betreuung durch verschiedene Berufsgruppen
Christina Hörter, Leiterin der Ergotherapie am Klinikum Main-Spessart, erinnert sich noch sehr gut an Winfried Grells erste Tage auf der Neurologie: „Als Herr Grell bei uns ankam, war er komplett pflegebedürftig.“ Genau wie sie waren auch weitere Berufsgruppen daran beteiligt, dass sich der Zustand des Patienten rasch bessern konnte – Teamwork eben. „Der Neurologe kann das natürlich niemals alleine schaffen. Wir brauchen zunächst einmal die Kollegen der anderen Fachabteilungen, vor allem die Radiologen und Kardiologen, um die Diagnose und ihre Ursachen festzustellen. Eine gute Behandlung von Schlaganfallpatienten ist nur mithilfe der Akteure des interdisziplinären Teams möglich: den Pflegekräften, Ergo- und Physiotherapeuten sowie den Logopäden“, erläutert Kraft.
Dies umso mehr bei einem Schlaganfall, der wie bei Winfried Grell mit einer schweren Symptomatik einhergeht. Grell litt unter einer Lähmung der rechten Körper- und Gesichtsseite sowie unter einer ausgeprägten Sprach- und Schluckstörung. Giulio Assandria, der Stationsleiter der Neurologie, erinnert sich noch sehr gut an diesen Fall: „Nach einem akuten Schlaganfall werden Patienten zunächst auf die Stroke Unit, unserer Spezialeinheit innerhalb der Neurologie, verlegt. Man muss wissen, dass für sie zunächst einmal quasi alles auf Null gesetzt ist. Die Patienten sind körperlich häufig schwerst betroffen und leiden auch mental unter der Situation, dass sie viele vermeintlich einfache Fähigkeiten zunächst wieder erlernen müssen. Daran arbeiten wir dann gemeinsam mit den Therapeuten.“
Deshalb findet im interdisziplinären Team ein täglicher Austausch der verschiedenen Berufsgruppen zu allen Patienten und deren Fortschritten statt. Einer der beteiligten Therapeuten ist Gerhard Müller, der Leiter der Physiotherapie am Klinikum Main-Spessart, der selbst schwerpunktmäßig auf der Stroke Unit eingesetzt ist: „Nach einer ausführlichen Befunderhebung legen wir die weiteren Maßnahmen fest. Wir wollen den Patienten auf den ersten Schritten hin zu einer möglichst vollständigen Gesundung begleiten. Dabei hängen wir natürlich auch von dessen Frustrationstoleranz und Motivation ab. Die war im Fall von Herrn Grell erfreulicherweise besonders hoch, sodass wir bereits nach kurzer Zeit Fortschritte erzielen konnten.“ Das stellte auch Hörter fest: „Wir haben zunächst mit der absoluten Basisarbeit begonnen: Wer bin ich? In welcher Zeit lebe ich? Frühstück selbstständig richten, einen Pullover an- und ausziehen. Dass Herr Grell am Ende seiner Zeit bei uns wieder mobil war, sich gut ausdrücken konnte und damit die Prognose hatte, wieder komplett selbstbestimmt leben zu können, war auch für mich persönlich eine große Freude.“
„Das war wirklich ein toller Prozess, den Herr Grell bei uns aktiv mitgestaltet hat. Für uns sind das die schönsten Momente, wenn Patienten sich so gut erholen und wir auch ihre große Dankbarkeit spüren. Das sind Erlebnisse, die uns viel Kraft geben“, blickt Assandria emotional zurück. Kraft ergänzt, was für ihn und seine Mitarbeiter an ihrer Arbeit besonders erfüllend ist: „Es liegt mir und uns allen, Menschen zu helfen. Selbst wenn alles gut läuft, Patienten schnell bei uns ankommen und für eine Lysetherapie in Frage kommen, gibt es zwar keine Garantie auf vollständige Genesung, aber wir sind heute in der Neurologie so weit, dass wir sehr oft erfreuliche Verläufe erleben.“
Nach wenigen Monaten bereits wieder arbeitsfähig
Nach einem stationären Aufenthalt auf der Stroke Unit und später auf der Normalstation treten die Patienten in aller Regel eine Rehabilitationsbehandlung an, in der die Genesungsschritte weiter stabilisiert und ausgebaut werden sollen. Wenige Monate nach seiner Entlassung aus dem Klinikum Main-Spessart spricht Winfried Grell am Telefon gelöst über seinen heutigen Zustand: „Ich fühle mich sehr gut und habe mich nahezu vollständig von meinem Schlaganfall erholt. Seit 14 Tagen kann ich sogar wieder arbeiten und befinde mich in der Wiedereingliederung“, so der 65-Jährige. „Ich hatte definitiv großes Glück, vor allem auch damit, dass ich am Klinikum Main-Spessart behandelt wurde. Alle Mitarbeiter waren sehr freundlich und kompetent. Ich möchte mich bei ihnen von Herzen dafür bedanken.“
Auf seinen Kanälen in den sozialen Netzwerken und auf der eigenen Website veröffentlicht das Klinikum am 23. Dezember 2021 um 17.00 Uhr ein Video aus Winfried Grells Tagen auf der Neurologie, in dem Grell sowie Mitarbeitende des interdisziplinären Teams Einblicke gewähren.
Hier klicken um das Video anzuschauen!
Eine Übersicht aller aktuelle Videos finden Sie in unserer Mediathek.
Über die Schlaganfallversorgung am Klinikum Main-Spessart
Jährlich erleiden über 250.000 Personen in Deutschland einen Schlaganfall. Es handelt sich somit um eine Volkskrankheit wie der Herzinfarkt auch. Man unterscheidet zwischen Schlaganfällen durch Hirnblutungen (ca. 10% der Fälle) und Schlaganfällen durch Minderdurchblutung des Gehirns (ca. 90% der Fälle). Die Behandlung erfolgt auf einer Spezial-Station für Schlaganfall-Patienten, einer sogenannten Stroke Unit.
Die Neurologische Abteilung des Klinikums Main-Spessart verfügt über eine seit 2003 regelmäßig zertifizierte Stroke Unit und behandelt jährlich etwa 600 Schlaganfall-Patienten. Die sogenannte Thrombolyse, d.h. das Auflösen eines Blutgerinnsels im Gehirn erfolgt regelmäßig und mit großer Routine, zuletzt etwa 100-mal jährlich. Im Falle eines Verschlusses einer großen Hirnarterie oder bei Hirnblutungen besteht über das Schlaganfallnetzwerk TRANSIT-Stroke die Möglichkeit, den Patienten sofort mit Spezialisten aus der Universitätsklinik Würzburg zu besprechen und ggf. dorthin zu verlegen. Eine enge Kooperation mit dem Rettungsdienst besteht, ebenso mit der Gefäßchirurgischen Abteilung des Universitätsklinikums Würzburg.
Die Abteilung nimmt aktiv an klinischen Studien zum Thema Schlaganfall teil. Ein enger Kontakt zu Selbsthilfegruppen besteht.
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