Berlin, 11.02.2022 – Deutschland steht vor großen Herausforderungen: beim Klimaschutz, bei der Digitalisierung, bei der Modernisierung der Infrastruktur und im Wohnungsbau, bei ressourcenschonendem Leben und Arbeiten generell. Und diese Aufgaben können nicht warten. Entsprechend große Ziele hat sich die neue Bundesregierung bei diesen Themen gesteckt.
Erreicht werden können sie aber nur mit Handwerkerinnen und Handwerkern, die die Vorhaben praktisch umsetzen. "Fachkräftesicherung ist daher nicht weniger als eine Frage von Zukunftssicherung und Wohlstandssicherung in unserem Land“, kommentiert Hans Peter Wollseifer, Präsident des Zentralverbands des Deutschen Handwerks, die Lage.
Große Sorge bereitet ihm und den 1 Million Handwerksbetrieben in Deutschland, dass bereits heute in vielen Handwerksberufen mehr Fachkräfte gebraucht werden. Schon heute müssen viele Kundinnen und Kunden Wartezeiten in Kauf nehmen.
Personalmangel trotz bester Zukunftsaussichten
Rund 250.000 Fachkräfte fehlen im Handwerk – Tendenz steigend. Denn jährlich bleiben rund 20.000 Ausbildungsplätze unbesetzt, was den zukünftigen Fachkräftemangel verstärkt. Dabei bietet das Handwerk jungen Menschen beste Zukunftsaussichten. Eine ungebrochen hohe Nachfrage, eine deutlich niedrigere Arbeitslosenquote als in den meisten akademischen Berufen, hervorragende Möglichkeiten sich selbständig zu machen oder einen etablierten Betrieb zu übernehmen. Sowie gute Verdienstmöglichkeiten, die denen von Hochschulabsolventen nicht nachstehen. Dennoch finden immer weniger junge Menschen den Weg ins Handwerk.
Forsa-Studie zeigt: Wertschätzung für Handwerk fehlt
Ein Zwiespalt, den auch die Zahlen einer Forsa-Studie aus dem Herbst 2021 untermauern. So geben 93 Prozent der befragten Deutschen an, dass Handwerk für sie persönlich sehr wichtig ist. Und über 80 Prozent schreiben dem Handwerk schreiben dem Handwerk sichere Arbeitsplätze und gute Zukunftschance zu. Gleichzeitig schätzen nur 36 Prozent der Befragten das Ansehen des Handwerks als hoch ein.
Umdenken für die Zukunft unseres Landes
„Hier stimmt was nicht“, macht das Handwerk daher mit einer bundesweiten Kommunikationsoffensive deutlich und will eine Gesellschaft zum Umdenken aufrufen, die jahrzehntelang Wissen über Können gestellt hat. „Es muss endlich in den Köpfen ankommen, dass eine berufliche Ausbildung genauso viel wert ist wie eine akademische“, fordert Hans Peter Wollseifer. „Damit die berufliche Ausbildung attraktiv bleibt, müssen die Berufe Wertschätzung erfahren. Die Menschen, die sie ausüben, müssen spüren, wie wichtig sie für die Zukunft des Landes sind.“ Der dringende Appell des Handwerkspräsidenten: „Wenn wir die Fachkräftelücke nicht schließen, vergeben wir uns, unseren Kindern und unserem Land eine große Chance.“
Politik, Gesellschaft, Schulen und Eltern sind gefragt
Damit sich wieder mehr junge Menschen für das Handwerk entscheiden, braucht es ein Umdenken auf breiter Ebene: Die Politik muss die berufliche Bildung gleichwertig zur akademischen Bildung anerkennen und fördern. In den Schulen gilt es, auch wieder praktische Fertigkeiten zu fördern und im Rahmen der Berufsorientierung die Karrieremöglichkeiten im dualen Bildungssystem als echte Alternative zum Studium aufzuzeigen. Und nicht zuletzt sollten Eltern ihren Kindern die Möglichkeit geben, ihre Interessen und Stärken frei zu entfalten und geistige wie manuelle Fähigkeiten gleichermaßen fördern. Denn Handwerk liegt in der Natur der Menschen. Es muss gelingen, dass wieder mehr Menschen es auch zum Beruf machen.